➠ Schön. Perfekt. Rein. – Nur wenige Adjektive mit denen man die ehemalige ‘Little Miss United States‘ bereits recht früh beschreiben konnte und definitiv Eigenschaften die in den Augen ihrer Mutter viel zu bedeutsam waren um sie nicht mit der Welt zu teilen. Kaum konnte das Mädchen mit den langen dunklen Zöpfen also ihre ersten sicheren Schritte laufen wurde sie bereits in von Rüschen besetzten Kleidern voller Stolz dem ersehnten Publikum präsentiert. Aus nichts, wirklich nichts Anderem bestand ihr Leben bis zu ihrem siebzehnten Geburtstag. Die Wochenenden verbrachte sie in Autos um hunderte von Kilometern von einem zum nächsten Wettbewerb zu fahren. Unter der Woche wurde gelernt und für Prüfungen gepaukt. Die perfekte vorzeige Familie. Jeder Schritt geplant, nichts dem Zufall überlassen. Frei und doch in einem goldenen Käfig gefangen. | Es geschah an einem verschneiten Dezembermorgen, Mitte der Woche und kurz vor Weihnachten, als der Wagen der Familie Monroe ins Schleudern geriet, sich überschlug und letzten Endes gegen die Leitplanke rauschte. Sofort Tod - keine Schmerzen. Heiligabend verbrachte der Teenager alleine in einem sterilen Krankenhauszimmer. Aus einem Albtraum wurde durch eine einzige unaufmerksame Sekunde ein noch größerer. Konnte man seine eigene Mutter zutiefst verabscheuen, die Frau die einem das Leben schenkte? Virginia konnte es. Aus jemandem den man eigentlichen lieben sollte, der einen vor all den grausamen Dingen in dieser Welt beschützen sollte, waren für sie einfache Leute geworden mit denen sie gezwungen war zusammen zu Leben. Keinen Ausweg außer dem von ihnen vorgegebenen Weg zu folgen. | Viele Verwandte gab es nicht die bereit gewesen wären das Mädchen bei sich aufzunehmen. Erst einige Wochen später, Ende Januar machte das Jugendamt schließlich ihre Tante ausfindig und kurz darauf folgte nicht nur der Umzug nach New York, sondern auch der Wechsel des Teenagers auf eine öffentliche High School. Vollkommen verloren zog sich Ginny vorerst zurück, folgte ihren alten gewohnten Mustern und ging ohne Widerworte der Bitte ihrer Tante nach einmal die Woche mit einem Psychologen zu sprechen. Erst viel später begriff sie was der Tod ihrer Eltern eigentlich bedeutete. Das blonde Haar gefärbt und gekürzt wurde aus einem Engel, der mit einem einfachen Lächeln die Welt für einen Augenblick zum Stillstand bringen konnte eine Rebellin die sich vollends ihrer neu erkannten Freiheit hingab. Ein eigenes Leben. Eigene Entscheidungen treffen. Das war alles was sie je wollte. Den Menschen zeigen das mehr in ihr steckte als das, was seit sie ein kleines Mädchen war aus ihr gemacht wurde. Seit ihrem zweiten Lebensjahr wurde sie in Kleider gesteckt und als Objekt gesehen. Geschminkt und hergerichtet um allen zu gefallen. Zu gewinnen. Versagen gab es nicht. Besser, besser sein als der Rest. Verbirgt deine Gefühle, verstecke sie hinter einer makellosen Maske. Immer weiter, sei die Puppe, die aus dir gemacht wurde. | Tränen versiegen. Der Schmerz und die zerplatzen Träume bleiben. Nicht jeder hält dem Druck der Perfektion stand. Die schlaflosen Nächte in denen man kaum länger als einige Stunden Schlaf bekommt. Früher war es der Zucker. Später Tabletten und alles das half dieses dumpfe Gefühl in ihrer Brust abzustellen. Eine kaputte Welt in der Kinder für die Träume ihrer Mütter einstehen müssen. Zuhause Diäten und bei Wettbewerben mit Zucker aufgeputscht werden. Nicht eigenständig denken, reden, handeln. Von klein auf sind das die drei Dinge, die ihr eingetrichtert wurden und noch heute Jahre später schlägt sich die Blondine mit dessen folgen herum.